BUDDHISTISCHE PRINZIPIEN 3
ICHIN DAIE(Die Weisheit durch den Glauben ersetzen) Am Ende seiner Erläuterung der Parabel von den Drei Wagen und dem Brennenden Haus[1], ermutigt Shakyamuni die Teilnehmer der Versammlung, an das Eine Fahrzeug des Lotos-Sutras zu glauben. Denn alle, die dies können, würden den Weg des Buddhas erreichen. Zum weisesten seiner Schüler sagt er: "Mit Respekt gegenüber diesem Sutra, Shariputra, hast sogar du den Zugang durch Glauben erlangt. Um wie viel mehr ist dies den anderen shomon-Schülern möglich!" Das letztendliche Prinzip des Lotos-Sutras kann nicht durch intellektuelles Begreifen allein erfasst werden, denn außer für den Buddha geht es weit über das hinaus, was man begreifen kann. Nur durch den Glauben können wir "Zugang erlangen". Der Glaube an das Eine Fahrzeug ist jenes "Tor", durch das man sich von dem Leiden befreit. Nichiren Daishonin hat ebenfalls gelehrt, dass man den "Zugang" zur Buddhaschaft durch den Glauben "erlangt", und dass der Glaube zur Ursache wird, durch die wir uns die Weisheit des Buddhas erschließen, die wir innerlich bereits besitzen.[2] Die Weisheit der Buddhas ist nur durch starken Glauben zu erreichen. Der Buddhismus lehrt das Prinzip "Weisheit durch Glauben ersetzen". Der korrekte Glaube selbst wird zur Weisheit. Durch den Glauben an den Gohonzon können wir Menschen des Späten Tages des Gesetzes dieselben Wohltaten erlangen, als ob wir alle Sechs Paramita ausübten, einschließlich des Paramita der Erlangung der Weisheit.[7] "Die Weisheit aller Buddhas" (sho-but tschi-e, Hoben-Pon, 2.Kapitel des Lotos Sutras) bezieht sich auf Nam-Myoho-Renge-Kyo, die Weisheit, die die Menschen befähigt, die Buddhaschaft zu verwirklichen. Da die Weisheit aller Buddhas, die von Nichiren Daishonin als Nam-Myoho-Renge-Kyo verkündet wurde, "unendlich tief und unermesslich" (s.o.) ist, können gewöhnliche Sterbliche sie nicht mit ihrem eigenen Verständnis begreifen; das Tor, das dorthin führt, kann nur der Glaube sein. Ishin daie, die Weisheit des Buddhas durch Glauben zu erlangen, bedeutet, dass wir die Weisheit von Nam-Myoho-Renge-Kyo erlangen können, wenn wir aufhören, uns auf unser oberflächliches Verständnis zu verlassen und an den Gohonzon glauben. Obwohl jeder, der den Glauben annimmt, dadurch die Weisheit des Buddhas erlangen kann, ist dieses Tor des Glaubens dennoch "schwierig zu verstehen, und es ist schwierig, durch es hindurch zu gehen", weil Glauben an den Gohonzon Mut erfordert.[8] Zu Shariputra, der vor allem wegen seiner großen Weisheit geachtet
wurde, sagt Shakyamuni, dass gewöhnliche menschliche Weisheit nicht
ausreicht, um das grundlegende Gesetz zu verstehen. |
ITAI DOSHIN(Verschiedene Körper, ein Geist) Nichiren Daishonin schrieb in seiner Gosho "Das Erbe des letztendlichen Gesetzes des Lebens": "Alle Schüler und Gläubigen Nichirens sollten Nam-Myoho-Renge-Kyo in Itai Doshin chanten und alle Unterschiede zwischen sich überwinden, um so untrennbar zu werden wie Fische und das Wasser, in dem sie schwimmen. Dieses geistige Band ist die Grundlage für die universelle Weitergabe des letztendlichen Gesetzes von Leben und Tod. ... Wenn Sie so einig sind, kann sich sogar die große Hoffnung für Kosen-rufu ganz sicher erfüllen. Aber wenn einer von Nichirens Schülern die Einigkeit von Itai Doshin stören sollte, wird er sein eigenes Schloss von innen zerstören."[10] Viele Menschen leben in der Illusion, durch "Haben" das "Sein" ersetzen zu können. Durch das Chanten von Nam-Myoho-Renge-Kyo sind wir in der Lage, uns mit dem Universum zu identifizieren, statt es besitzen zu wollen. Sich mit anderen Menschen zu identifizieren, statt sie besitzen zu wollen, das ist das buddhistische Prinzip von "itai doshin"(verschiedene Körper, ein Geist).[11] Der Buddhismus beschäftigt sich seit Jahrtausenden mit Fragen wie "Was ist Eintracht?" "Wie können Menschen friedlich und freiwillig zu Einigkeit gelangen?" Das Zerstören der Eintracht der Gläubigen (jap./buddh.: wagoso) gehört im Buddhismus seit jeher zu den "Fünf schweren Vergehen". Das Ergebnis buddhistischer Erfahrung und Betrachtung verdichtet sich im Prinzip itai doshin.[12] Aus den chinesischen Schriftzeichen lassen sich vielerlei Variationen
bilden - eine gute Methode, tiefer zu verstehen, was itai doshin nicht
ist. Die bekannteste Wort-Kombination neben itai doshin ist dotai ishin,
"gleiches Äußeres, unterschiedlicher Geist". Damit ist Zwangsharmonie
aufgrund Gleichmacherei gemeint, zum Beispiel die Gleichschaltungspolitik
der Nazis im "Dritten Reich", die gewaltsam erzwungene Kollektivierung
der Landwirtschaft unter dem sowjetischen Diktator Josef Stalin, die
Brutalität eines Familienvaters, der aus seinen Kindern unbedingt Kopien
seiner selbst machen will, etc. Betrachten wir nun das Phänomen itai doshin näher. Mit itai, "verschiedene
Körper", ist nicht nur die Gestalt eines Menschen, seine Hautfarbe,
Organe, Zellen, etc. gemeint, sondern auch alle anderen Komponenten,
die die Individualität einer Person ausmachen: ihre Wahrnehmung, ihr
Begriffsvermögen, ihr Wille und ihr Bewusstsein mit allen seinen neun
Schichten ("fünf Komponenten"). Das Prinzip itai doshin ist wie alle anderen buddhistischen Konzepte
universell gültig. Angewandt im Bereich des Buddhismus erhält itai doshin
jedoch eine besondere Färbung und Bedeutung. Richard Causton, lange
praktizierender Buddhist und Hauptverantwortlicher der SGI in Großbritannien,
erklärt diese zusätzliche Qualität von itai doshin im Buddhismus folgendermaßen: Welche innere Einstellung hilft uns, auf dem langen Weg zu itai doshin schnell voranzukommen? Präsident Ikeda sagte einmal dazu: "Was ich so wünsche, ist, dass Sie ganz natürlich viele Nutzen ansammeln können. Deshalb möchte ich von ganzem Herzen, dass Sie den Charakter jedes anderen wertschätzen, einander vertrauen, sich gegenseitig unterstützen und sich bemühen, die noch negativen Seiten des anderen durch Ihren Einsatz wettzumachen."[16] In seinem diesjährigen Friedensvorschlag äußerte Präsident Ikeda seine
grundsätzliche Einstellung zu itai doshin: "Das Ziel der SGI-Bewegung
ist nichts weniger als dies: ein Ethos der Weltbürgerschaft zu vermitteln."[17] Alle Schüler und Gläubigen sollten Nam-Myoho-Renge-Kyo in Itai Doshin chanten und alle Unterschiede zwischen sich überwinden, um so untrennbar zu werden wie Fische und das Wasser, in dem sie schwimmen. Dieses geistige Band ist die Grundlage für die universelle Weitergabe des höchsten Gesetzes von Leben und Tod. Hierin liegt das wahre Ziel von meiner, Nichirens, Verbreitung. Wenn Sie so einig sind, kann sich sogar die große Hoffnung für Kosen-rufu ganz sicher erfüllen.[19] Hierin lernen wir, dass das Erbe des höchsten Gesetzes innerhalb der
Gruppe des Gläubigen fließt, die vollkommene Einigkeit untereinander
bewahren. Der Abschnitt ist eine konkrete Lektion, welchem Weg der Ausübung
wir folgen sollten, um dadurch das Herzblut zu erben, durch das jeder
Einzelne die Erleuchtung erreichen kann. Aus unendlichem Mitgefühl für alle Menschen errichtete Nichiren Daishonin den Dai-Gohonzon als höchste Verkörperung der Erleuchtung. Er lehrte uns, dass wir die Ausübung und die Bewegung mit der Einstellung von itai doshin (wörtlich: viele Körper, ein Geist) weiterführen sollen. Im Lichte dieser Lehre ist der vornehmste Aspekt von Nichiren Daishonins Buddhismus der Glaube, der auf itai doshin basiert. Die Fähigkeit einer Gruppe, ganz gleich welcher Art, sind immer größer als die Summe der Fähigkeiten ihrer einzelnen Mitglieder. Wenn jedes Mitglied nach dem Prinzip von itai doshin die ihm gemäße Position bekommt, wird die Gruppe als Ganzes unglaublich vielseitig sein. Denken Sie an die Familie, die kleinste gesellschaftliche Einheit. Kultur und Tradition der Menschen werden immer von Gruppen oder Organisationen geschaffen und der Nachwelt überliefert. Der Daishonin lehrt uns, dass das Erbe des höchsten Gesetzes nur innerhalb
einer Gruppe von Menschen mit demselben Glauben fließt, die in vollkommener
Einigkeit zusammenarbeiten. Ich denke, es ist wichtig, ein paar Worte
über das Wesen und die Bedeutung von itai doshin zu sagen. Itai doshin besteht aus zwei wichtigen Prinzipien. Das erste ist natürlich itai, das heißt viele verschiedene Individuen. Der Buddhismus Nichiren Daishonins respektiert zutiefst die Individualität, die Situation und den Charakter jedes Einzelnen und zeigt den Weg, wie man seine besonderen Fähigkeiten voll zur Geltung bringen kann. In den Ongi Kuden steht: "Kirsche, Pflaume, Pfirsich und Damaszenerpflaume blühen jede auf ihre besondere Weise, und jede zeigt die drei Eigenschaften des Lebens des ursprünglichen Buddhas, ohne ihren eigenen Charakter zu ändern."[21] Das zweite Prinzip von itai doshin fordert, dass Menschen mit unterschiedlichen Körpern (itai) in einem Geist handeln (doshin). Es ist noch wichtiger als das erste. Mit dem Ausdruck "alle Unterschiede zwischen sich überwinden" werden die Unterschiede nicht abgelehnt. Er wendet sich vielmehr gegen das Fehlen einer herzlichen, persönlichen Kommunikation zwischen den Menschen. Er verwirft den Egoismus und das nur von persönlichen Gefühlen bestimmte Handeln. Solche Haltungen führen nämlich dazu, dass die Leute ihre Unterschiede betonen und schließlich die Verbindung zueinander verlieren. In solchen uneins gewordenen Gruppen kann kein geistiges Band lange halten. Die Fische und das Wasser dagegen sind zwei völlig verschiedene Sachen, aber die Fische können keinen Augenblick ohne das Wasser überleben. "So untrennbar werden wie Fische und das Wasser, in dem sie schwimmen", das heißt begreifen, dass wir mit den Menschen um uns herum in einem farbenprächtigen Teppich menschlicher Beziehungen verwoben sind. Innerhalb dieses Gewebes blüht und gedeiht unser Leben, ja es hängt sogar davon ab. Diese Beziehungen müssen wir hüten wie einen Schatz. "Wasser" symbolisiert die menschlichen Beziehungen, von denen wir umgeben sind und "Fische" sind wir selbst. "Aber wenn einer von Nichirens Schülern die Einigkeit von Itai Doshin stören sollte, wird er sein eigenes Schloss von innen zerstören." Nichiren Daishonin weist darauf hin, dass die Schüler, deren Geist nicht eins mit seinem ist, wie Parasiten im Körper eines Löwen und Feinde des wahren Buddhismus sind. Da sie die Einheit von itai doshin zerbrechen und sich so selbst vom Erbe des höchsten Gesetzes ausschließen, ist ihr Vergehen besonders schwer. Einen "anderen Geist" zu haben, bedeutet im Grunde, gegen den Geist Nichiren Daishonins zu handeln. Aber diejenigen, die sich anscheinend manchmal gegen den Daishonin wenden, tun das nicht absichtlich. Was bringt also mache Leute dazu, starken, eigensinnigen Widerstand zu entwickeln? Ich glaube, die Ursachen sind Selbstsucht, persönliche Gefühle und Selbstgefälligkeit. Devadatta brach die Einigkeit von itai doshin offensichtlich aus Erbitterung, die aus einem persönlichen Groll herrührte. Wir haben gesehen, dass der unmittelbare Anlass für seine Auflehnung die erniedrigende Behandlung durch Shakyamuni im Angesicht einer großen Versammlung war. Sammi-bo war einer der führenden Schüler Nichiren Daishonins, aber genau wie Devadatta zerstörte er die Einigkeit der Anhänger des Daishonins und starb endlich eines gewaltsamen Todes. Wer in einer Zeit der Prüfung die Einheit von itai doshin bricht, wird "sein eigenes Schloss von innen zerstören."[23] |
JIGYO KETA(Ausübung für sich und andere) Das Wort "gyo", Ausübung, beinhaltet Bewegung oder Handlung. In diesem Sinn heißt Ausübung, eine konkrete Handlung zu unternehmen, die auf unserem Glauben an den Gohonzon gestützt ist. Ausübung muss zwei Bereiche enthalten, Praxis für sich selbst und Praxis für andere (jigyo keta[24]). Praxis für sich selbst bedeutet, unsere Ausübung von Morgen- und Abendgongyo auszuführen und regelmäßig Daimoku zum Gohonzon zu chanten. Praxis für andere heißt, sie zu lehren und es ihnen zu ermöglichen, Nam-Myoho-Renge-Kyo zu chanten. Unsere Ausübung von Gongyo und Daimoku kommt dabei auch anderen zugute, und das Lehren von anderen bringt uns Wohltaten.[25] Nichiren sagt uns in seinem "Brief an Niike": "Die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung ist wie die zwischen Blüten und Früchten. Wenn jemand in einer Prairie ein Feuer anzündet und sei es nur ein Funke, so winzig wie ein Glühwürmchen, so wird das Feuer einen, zwei, zehn, hundert, tausend Grasbüschel verbrennen und schließlich alle Bäume und alles Gras in der tausend Meilen weiten Ebene erreichen." Ein einziges Streichholz kann eine riesige Feuersbrunst entfachen. Jeder von uns muss ein Streichholz des Glaubens sein. "Zuerst chantete nur ich, Nichiren, Nam-Myoho-Renge-Kyo, doch dann
folgten zwei, drei, hundert, die chanten und andere lehren. Gleichermaßen
wird sich die Verbreitung in der Zukunft entwickeln."[26] "Praktizieren Sie beständig für sich selbst und lehren Sie andere."[28]
Dies ist das Prinzip von Jigyo und keta: Den Buddhismus für uns selbst
auszuüben und ihn gleichzeitig andere Menschen zu lehren. Wir müssen
selbst glücklich werden und gleichzeitig andere glücklich machen. "Sowohl
die Praxis wie das Studium entspringen dem Glauben."[29]
Der Glaube ist die Grundlage der Ausübung wie auch des Studiums, und
Glaube zeigt sich immer als Ausübung und Studium. Somit sind diese drei
- Glaube, Ausübung und Studium - das wichtigste Ziel. "Jetzt im Späten Tag des Gesetzes ist das Daimoku, das Nichiren chantet,
unterschiedlich zu dem früheren Zeitalter. Es ist Nam-Myoho-Renge-Kyo,
das Ausübung für sich und andere beinhaltet."[32] "Wenn Sie von ganzem Herzen Nam-Myoho-Renge-Kyo chanten, dann werden
Sie natürlich mit den 32 Merkmalen und 80 Eigenschaften des Buddhas
ausgestattet werden."[33] Wie es im Buddhismus heißt, werden alle Menschen mit den "Drei bzw.
Fünf Giften" geboren, die uns im Leben fürchterlich leiden lassen. Es
sind die "Gifte" des wütenden Ärgers, der Habgier und der Ignoranz,
dazu die der Arroganz und des Zweifels. Das Prinzip jigyo keta beschreibt im Buddhismus Nichiren Daishonins
die Praxis für sich selbst und die Praxis für andere. Klar ist , dass wir nicht zu "Moralischen Aktionen" für andere aufgefordert
werden. Untersuchen wir nochmals die Quelle dieser Hilfsbereitschaft.
Wir brauchen Lebenskraft, Weisheit und Mut, um auf andere zuzugehen,
um ihnen zu ermöglichen, das höchste Potential in ihrem Leben zu wecken. Noch tiefer betrachtet sind wir schon mit unserem Mitmenschen verbunden
und mit beständigem Daimoku fühlen wir seine Probleme so, als ob es
unsere eigenen wären. Das Chanten des Daimoku oder die Anrufung des universellen Lebensgesetzes
von Nam-Myoho-Renge-Kyo ist die Hauptausübung und enthält die zwei Bedeutungen,
die voneinander nicht zu trennen sind: die 'Ausübung für sich selbst'
(Jigyo) und die 'Ausübung für andere' (Keta). |
JIHI (BAKKU YORAKU)(Kummer beseitigen, Freude geben) Nichiren Daishonin zeigte selbst immer das Bild eines Mannes, der sich aus seiner Erleuchtung heraus um die Mitglieder seiner "Familie" ständig Gedanken macht und immer tiefe Weisheit hervorbringt, um ihren "Kummer zu beseitigen und Freude zu geben" (die Übersetzung des Ausdrucks buddhistischer Barmherzigkeit - jihi).[40] Die wichtigste Voraussetzung ist die Überwindung des eigenen Egoismus.
Der Buddhismus unterscheidet (kennt) ein sogenanntes kleines und ein
großes Ego. Das "kleine Ego" ist auf die Befriedigung unserer eigenen
Interessen ausgerichtet, oft auf Kosten anderer. Das "große" dagegen
will. statt zu nehmen, anderen geben. Durch diese Tat schrumpft das
"kleine Ego", und das "große" wird immer größer. Jeder ist von Geburt
an vom "kleinen Ego" geprägt, deshalb ist es ohne das Chanten von Daimoku
so schwer, sich in itai doshin zu entwickeln. Das Buch Ningen no Saihakken (Die Wiederentdeckung des Menschen) berichtet
von einem Symposium, das Doktor Kideki Yukawa, Professor Kikuya Ichikawa
und Takeshi Umehara abhielten. Unter anderem sprachen die drei Gelehrten
über das buddhistische Konzept des Mitfühlens oder Mitleidens (jihi).
Doktor Yukawa merkte an, dass das Wort ein Element enthalte, das "Sorge"
bedeute und den Begriff somit von der christlichen "Nächstenliebe",
der konfuzianischen "Güte" und den allgemeinen Begriffen aus der Philanthropie
absetze. Professor Ichikawa meinte, "Sorgen" beinhalte, dass man die
Sorgen eines anderen teile. Doktor Yukawa erwiderte, um die Sorgen eines
anderen teilen zu können, müsse man notwendigerweise selbst Sorgen erfahren
haben. Rakeshi Umehara folgerte daraus, dass Mitgefühl eine spezielle
Art der Erkenntnis sei, bei der man sich mit dem grundlegenden Zustand
identifiziere, in dem sich eine andere Person befinde. Im Falle der Buddhaschaft kommt "die allmächtige, mystische Stärke
des Mitgefühls" ins Spiel. In einem Werk mit dem Titel Jihi-ron (Über
Mitgefühl) sagte Josei Toda: "Um damit zu beginnen - das ganze Universum
ist der wahre Körper des Buddhas, und die Phänomene, die im Universum
stattfinden, sind alle Werke des Mitgefühls .... Da das Universum selbst
Mitgefühl ist, ist das, was wir täglich tun, natürlich das Werk des
Mitgefühls. Als menschliche Wesen dürfen wir uns jedoch nicht damit
zufrieden geben, wie gewöhnliche Tiere oder Pflanzen zu sein. Wir müssen
stattdessen versuchen, höherwertige Taten zu vollbringen, um dem Buddha
besser zu dienen." Mitgefühl ist wesentlich für den Glauben, und es
ist auch die ursprüngliche Quelle der Energie. Während wir leben, bringt
es uns mit dem Kosmos zusammen und lenkt unserer Handlungen. Während
wir tot sind, wird es zu der Energie, die uns schließlich zur Wiedergeburt
führt. Die Energie des Mitgefühls im ruhenden Selbst führt zur Annahme
einer Lebensform, in der es Mitgefühl am besten ausdrücken kann. Wie
Josei Toda andeutete, ist das menschliche Wesen ein passenderes Instrument,
Mitgefühl auszudrücken, als das von Pflanzen oder Tieren. Die buddhistischen Schriften sagen uns, dass das Ich sein eigener Meister ist. Sie tragen uns auf, uns nicht von anderen verwirren zu lassen, sondern ein Leben der Integrität zu führen und uns selbst treu zu bleiben. Mit diesem "Selbst" ist jedoch nicht das "kleinere Ich" (jap. shoga) oder Ego gemeint, sondern das "größere Ich" (jag. taiga), das durch die Fäden ursächlicher Beziehung über alle zeitlichen und räumlichen Grenzen hinaus untrennbar mit dem kosmischen Leben verwoben ist. Dieses "größere Ich" ist eine andere Bezeichnung für die Offenheit, sich mit den Leiden aller fühlenden Wesen zu identifizieren. Wer dazu bereit ist, kann im Umgang mit den Menschen in der Gesellschaft "Leiden nehmen und Freude geben" (jap. bakku yoraku).[44] Unsere Mitmenschen ermöglichen uns, zu wachsen und uns weiterzuentwickeln. Sie sind der Ursprung und sie geben uns die Chance, immer wieder unser höchstes Potential hervorzuholen und zur Basis unseres Lebens zu machen. Wichtig ist dabei, dass wir uns von Konventionen und den Vorstellungen der anderen befreien. |
JIKAI GOKU(Gegenseitige Beinhaltung der Zehn Welten) (Der Buddhismus ist stets von der Gegebenheit der Realität des Lebens ausgegangen. Ihm geht es um den Kampf gegen das Leiden. Das Leben im 'Wandel der sechs Pfade' wurde als Leiden schlechthin angesehen.) Diese sechs Pfade oder sechs niederen Lebenszustände sind 1) Hölle, 2) Hunger, 3) Animalität, 4) Ärger, 5) Ruhe und 6) Himmel (Entzücken). Die Lehre der Wiedergeburt oder Inkarnation im frühen Buddhismus bedeutete, dass man seinem Karma entsprechend immer wieder in eine bestimmte 'Welt' hineingeboren wird (und sie auch nach dem Tode betritt) wie die Welt der Hölle, die Welt der Tiere oder der dämonischen oder der menschlichen oder auch der himmlischen Wesen. Man strebte danach, sich von dieser Kausalkette des Leidens zu befreien und einen Zustand des Arhats (7.Stufe, d.h. die Welt des Lernens) oder der Teil-Erleuchtung (8.Stufe) zu erreichen. Mit der Entstehung der Mahayana-Bewegung hat man verstanden, dass nicht der Arhat das Endziel ist, sondern die Buddhaschaft (10.Stufe), die durch die Ausübung des Bodhisattvas (9.Stufe) erlangt wird. In der letzten Lehre Shakyamunis, nämlich im Lotos- und Nirvana-Sutra, wurde die Möglichkeit der Buddhaschaft jedem Menschen zuerkannt. Ichinen sanzen bedeutet, dass jeder Augenblick des Lebens dreitausend
Bereiche besitzt. Die Zahl dreitausend setzt sich aus den zehn Welten
und den drei Existenzbereichen der wesentlichen Lehre zusammen. Zu Beginn seiner Abhandlung über "Das Wahre Objekt der Verehrung" zitiert
Nichiren Daishonin folgende Passage aus der Maka Shikan: Die Wendung "in jedem Augenblick ist Leben mit den Zehn Welten versehen" bringt zum Ausdruck, dass ein einzelner Lebensaugenblick zehn potentielle Zustände - Hölle, Hunger, Animalität, Ärger, Menschsein, Himmel, Lernen, Erkenntnis, Bodhisattva und Buddhaschaft - in sich trägt. Wie es im Anschluss daran in der Maka Shikan heißt, ist "... jede der Zehn Welten mit allen anderen versehen, so dass ein Daseinsmoment des Lebens tatsächlich hundert Welten besitzt." Keine der Zehn Welten ist in sich starr und von den anderen isoliert. In jeder der Zehn Welten trägt Leben alle zehn in sich, oder anders ausgedrückt kann Leben potentiell in jedem seiner Augenblicke jede beliebige der Zehn Welten manifestieren. Dies wird als "gegenseitiger Besitz der Zehn Welten" bezeichnet. Durch Einschluss aller Zehn Welten in jeder einzelnen von ihnen ergeben sich hundert Welten.[50] Die Sichtweise, dass Lebewesen nicht weiter als "eine zeitweilige Vereinigung der fünf Bestandteile" (1.Form, 2.Wahrnehmung, 3.Begriffsvermögen, 4.Wollen und 5.Bewusstsein) sind, hat in der buddhistischen Vorstellung von Egolosigkeit ihren Ursprung, nach der das Selbst, von dem man so oft glaubt, es sei absolut, eben nur eine zeitweilige Vereinigung der fünf Bestandteile ist. Welche der Zehn Welten dem Wirken der fünf Bestandteile unterliegt, entscheidet darüber, welche Welt das einzelne Lebewesen regiert. Auch wenn Lebewesen nur eine zeitweilige Vereinigung der fünf Bestandteile sind, heißt die Zehn Welten in ihnen manifestiert zu sehen den wahren Aspekt des Lebens sehen.[51] Der Buddhismus hat die von Menschen erfahrenen Lebenszustände analysiert
und sie unter dem Begriff der Zehn Welten zusammengefasst. Die Zehn
Welten sind Hölle, Hunger, Animalität, Ärger, Menschsein oder Ruhe,
Himmel oder Entzücken, Lernen, Erkenntnis, Bodhisattva und Buddhaschaft.
Zum Beispiel deutet Hölle auf ein Leben fortwährenden Leidens und Hunger
auf einen von unersättlicher Gier beherrschten Zustand hin. Wie man
sieht, handelt es sich bei diesen Welten um innere Zustandsbeschreibungen. Shakyamuni-Buddha verkündete im Hoben-Kapitel der theoretischen Lehre
(des Lotos-Sutras) das wahre Wesen des Lebens in Begriffen der zehn
Faktoren. In diesen zehn Faktoren drückt sich das allen Phänomenen und
Seinsformen Gemeinsame aus. Ungeachtet der Unterschiede in den Lebenszuständen
teilen alle Menschen gemeinsam in jeder der Zehn Welten das Seinsmuster
der zehn Faktoren. Zum Beispiel ist Leben im Zustand der Hölle nicht
anders als das im Zustand der Buddhaschaft mit den zehn Faktoren versehen.
Somit verwirft die theoretische Lehre des Lotos-Sutras die Trennung
zwischen Buddhaschaft und neun Welten, wie dies in den Lehren vor dem
Lotos-Sutra der Fall war. "Manchmal spreche ich von mir, manchmal von anderen; manchmal stelle ich mich vor, manchmal andere, manchmal zeige ich meine Handlungen, manchmal die von anderen." (Waku sek koshin. Waku set tashin. Waku ji koshin. Waku ji tashin. Waku ji koji. Waku ji taji.)[54] "Shujo ki shin-buku. Shichi-jiki i nyunyn. Isshin yok ken butsu. Fu ji shaku shinmyo. Ji ga gyu shuso. Ku shutsu ryojusen." ("Wenn die Menschen wirklich treu, ehrlich und aufrichtig geworden sind, wenn sie in ehrenwerter Absicht und von ganzem Herzen den Buddha sehen wollen und nicht zögern, selbst wenn es ihr Leben kostet, dann werden ich und die Menge der Mönche zusammen auf dem Adlergipfel erscheinen.")[59] |
JITAI KENSHO(Die eigene innewohnende Wesensart enthüllen) In den Lehren Nichiren Daishonins finden wir den Absatz: "Eine Kirsche
ist eine Kirsche. Eine Pflaume ist eine Pflaume. Ein Pfirsich ist ein
Pfirsich. Eine Birne ist eine Birne. Sie sind alle vollkommen in ihrer
Art. Ich, Nichiren, und diejenigen, die Nam-Myoho-Renge-Kyo chanten,
können sich ebenfalls als der ursprüngliche Buddha enthüllen ... ohne
sich einer Veränderung zu unterwerfen."[61] |
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[1] | Lotos Sutra; 3. Kapitel, "Parabel und Gleichnis". |
[2] | Daisaku Ikeda; Erläuterung des Lotos-Sutras; Forum November 1993; S. 46. |
[3] | Das Lotos-Sutra, Übersetzung und Erläuterung von Hoben- und Juryo-Kapitel; S. 21. |
[4] | Nichiren Daishonin; Jap. Gosho; S. 792. |
[5] | Gespräche mit der Jugend, aufgez. in "Von heute an"; Bd.10; S. 44. |
[6] | Thomas Oelschläger, Wissen und Weisheit, Forum Februar 1996; S. 22f. |
[7] | Daisaku Ikeda; Lotos-Sutra Erläuterung; Forum März 1996; S. 43. |
[8] | Das Lotos-Sutra, Übersetzung und Erläuterung von Hoben- und Juryo-Kapitel; S. 21. |
[9] | Das Lotos-Sutra, Übersetzung und Erläuterung von Hoben- und Juryo-Kapitel; S. 32. |
[10] | Nichiren Daishonin; Dt. Gosho Band 1; S. 137. |
[11] | Yoshiharu Matsuno; Die drei Gifte - Habgier, Ärger und Dummheit; Forum März'94; S. 7. |
[12] | Itai doshin: i = verschieden; tai = Körper, äußeres; do = gleich; shin = Herz, Geist. |
[13] | Richard Causton; "Nichiren Shoshu Buddhismus"; S. 275. |
[14] | Nichiren Daishonin; "Über die Prophezeiung des Buddhas"; dt. Gosho; Bd. 1; S. 156. |
[15] | Nichiren Daishonin; Ongi Kuden. |
[16] | Rede von Daisaku Ikeda bei seinem dritten Deutschlandbesuch im Jahr 1983. |
[17] | Daisaku Ikedas weltweiter Friedensvorschlag von 1994 "Die Morgendämmerung der menschlichen Geschichte - das Leuchten des globalen Geistes". |
[18] | Petra Heilingbrunner; "Itai Doshin"; Forum Oktober 1994; S. 8-11. |
[19] | Das Erbe des höchsten Gesetzes von Leben und Tod; DG-I-137. |
[20] | Deutsche Gosho Bd.1; S.24. |
[21] | Daisaku Ikeda; Das Erbe des höchsten Gesetzes von Leben und Tod; Forum Juni 1995; S.29-31. |
[22] | Nichiren Daishonin; DG I; S.24. |
[23] | Daisaku Ikeda; Das Erbe des Höchsten Gesetzes von Leben und Tod; Forum Juli '95; S.24-28. |
[24] | Jigyo keta: ji selbst; gyo Praxis; ke ändern, helfen; ta andere. |
[25] | Redaktion-UK. Express; Glaube, Ausübung und Studium; Forum Januar 1994; S.22. |
[26] | Nichiren Daishonin; DG, "Das Wahre Wesen des Lebens". |
[27] | Daisaku Ikeda; Goshoerläuterung; Das Wahre Wesen des Lebens; Forum Juni 1994; S.24. |
[28] | Nichiren Daishonin; Gosho, Das Wahre Wesen des Lebens. |
[29] | Nichiren Daishonin; Gosho, Das Wahre Wesen des Lebens. |
[30] | Nichiren Daishonin; Gosho, Das Wahre Wesen des Lebens. |
[31] | Daisaku Ikeda, Goshoerläuterung, Das Wahre Wesen des Lebens, Forum November 1994, S.22. |
[32] | Nichiren Daishonin; Sandai Hiho bonjo, jap.Gosho S. 1022. |
[33] | Nichiren Daishonin; Deutsche Gosho Bd. 1, S.131. |
[34] | Drei Tugenden - Die Tugend des Herrschers ist die Kraft, alle Lebewesen zu beschützen, die Tugend des Lehrers die Weisheit, sie zu instruieren und zur Erleuchtung zu führen, und die Tugend der Eltern ist die Barmherzigkeit, sie (mit der höchsten Weisheit) zu ernähren und zu unterstützen. |
[35] | Peter Kühn; Für sich und andere - der entscheidende Ausgangspunkt; Forum Februar 1995, S. 9. |
[36] | Daisaku Ikeda; Erläuterung des Hoben-Kapitels des Lotos-Sutras. |
[37] | Ervin Kassai; Jigyo Keta; Forum Februar 1996; S. 11/2. |
[38] | Nichiren Daishonin; Dt.Gosho, S. 62. |
[39] | Einführung in den Buddhismus Nitschiren Daischonins, S. 37f. |
[40] | Peter Kühn; Der Mann - emanzipiert durch die Erleuchtung; Forum März 1994; S. 6. |
[41] | Yoshiharu Matsuno in "Der Weg ist auch das Ziel"; Forum Oktober 1994; S. 13. |
[42] | Daisaku Ikeda; Das Rätsel des Lebens. Eine buddhistische Antwort; Zitiert aus Forum Februar'95; S. 16f. |
[43] | Daisaku Ikeda; Das Rätsel des Lebens. Eine buddhistische Antwort; zitiert aus Forum März 1995; S. 15. |
[44] | Daisaku Ikeda; Menschliche Solidarität als Weg zu einem Jahrhundert ohne Krieg; Forum Mai 1995; S. 13. |
[45] | Ervin Kassai; Jigyo Keta; Forum Februar 1996; S. 12. |
[46] | Nichiren Daishonin; Dt.Gosho, S. 59. |
[47] | Yasuji Kirimura; Grundzüge des Buddhismus; S. 136. |
[48] | Einführung in den Buddhismus Nichiren Daishonins; Die zehn Lebenszustände; S.39-43. |
[49] | Yasuji Kirimura; Grundzüge des Buddhismus; S. 68. |
[50] | Yasuji Kirimura; Grundzüge des Buddhismus; S. 103. |
[51] | Yasuji Kirimura; Grundzüge des Buddhismus; S. 140. |
[52] | Yasuji Kirimura; Grundzüge des Buddhismus; S. 94f. |
[53] | Yasuji Kirimura; Grundzüge des Buddhismus; S. 147f. |
[54] | Shakyamuni; The Lotus-Sutra, Kap.16, S. 226. |
[55] | Nichiren Daishonin; dt.Gosho, Bd I, S. 37. |
[56] | Jap.Gosho, Gosho Zenshu, S. 1187. |
[57] | Daisaku Ikeda; Lotos-Sutra Erläuterung; Forum April/Mai 1997; S. 19. |
[58] | Yasuji Kirimura; Grundzüge des Buddhismus; S. 150. |
[59] | Shakyamuni; The Lotus Sutra, Übers. Burton Watson, New York 1993, Kap. 15, S. 230. |
[60] | Daisaku Ikeda; Lotos-Sutra Erläuterung, Teil 40; Forum Juli/August'97; S. 29. |
[61] | Nichiren Daishonin; Ongi Kuden, S. 748. |
[62] | Daisaku Ikeda; Frieden und Sicherheit für die Menschen; Forum April 1995; S. 8. |
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